Nach Krawallen in Connewitz – Drohender Jobverlust: Verurteilter JVA-Beamter wehrt sich gegen Richterspruch

Ein sächsischer Justizvollzugsbeamter ist im Zusammenhang mit Ausschreitungen von Hooligans und Rechtsextremen in Leipzig-Connewitz in zwei Instanzen verurteilt worden. Weil ihm damit auch der Verlust seines Jobs droht, geht der Fall nun ans Oberlandesgericht.

Leipzig. Er muss weiter um seinen Job im Gefängnis fürchten: Kersten H. (37), Beamter im Dienst des sächsischen Justizvollzugs, ist auch im Prozess am Landgericht wegen der Teilnahme an den Ausschreitungen von Hooligans und Rechtsextremen in Leipzig-Connewitz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Jetzt sucht er die finale Entscheidung am sächsischen Oberlandesgericht (OLG).

Bereits am Amtsgericht war Kersten H. im Februar 2022 wegen schweren Landfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt worden. Das Gericht war davon überzeugt, dass der Angeklagte dabei war, als ein gewalttätiger Mob am Abend des 11. Januar 2016 durch die Wolfgang-Heinze-Straße zog, 25 Geschäfte, Lokale und Wohnungen sowie 18 Autos angriff und dabei mehr als 110.000 Euro Schaden anrichtete.

Mit einer solchen Strafe wäre die berufliche Laufbahn von Kersten H. im Strafvollzug vorbei. Beamte, die zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt werden, verlieren ihren Beamtenstatus. Auch deshalb ging der Angeklagte gegen das Urteil in Berufung, weshalb der Fall nunmehr beim Landgericht neu aufgerollt wurde. Allerdings hatte auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt, da aus ihrer Sicht das Urteil dem Unrechtsgehalt der Tat nicht gerecht werde. Und die Anklagebehörde hatte in der nächsten Instanz Erfolg: Das Landgericht verschärfte die Sanktion sogar, verurteilte Kersten H. wegen schweren Landfriedensbruchs zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten.

Strittig war im Verfahren vor allem die Frage, ob sich Kersten H. an jenem Abend „im Kern dieser Gruppierung aufhielt“, wie es Verteidiger Helmut-Hartwig Heuer zum Auftakt des Berufungsprozesses formulierte. Wie bei anderen Angeklagten in diesem Tatkomplex war er auf den Videoaufnahmen von den Ausschreitungen nicht zweifelsfrei zu identifizieren. Schon das Amtsgericht war davon ausgegangen, dass er nicht selbst gewalttätig war und er nur einen untergeordneten Anteil an den Taten hatte. Er soll sich aber unter den mehr als 200 Tatverdächtigen befunden haben, welche die Polizei in der Auerbachstraße festsetzte. Einsatzkräfte mochten vor Gericht nicht ganz ausschließen, dass jemand zufällig in diesen Kessel geraten sein könnte, hielten dies aber für eher unwahrscheinlich. Der aktuellen Rechtsprechung zufolge macht man sich auch durch „ostentatives Mitmarschieren“ in einer geschlossenen gewaltbereiten Gruppe des Landfriedensbruchs schuldig.

Trotz Tatverdachts weiter in JVA gearbeitet

Anfang Januar 2019 war der JVA-Beamte suspendiert worden, nachdem er sich bei seinem Vorgesetzten in der Leipziger JVA offenbart hatte. Bis dahin hatte er noch in den Haftanstalten Leipzig und Bautzen seinen Dienst versehen, weil niemand von dem Tatverdacht gegen ihn wusste. Zum Teil war er sogar auf Stationen eingesetzt, auf denen auch Beschuldigte der Connewitz-Krawalle inhaftiert waren. Für den zweifachen Vater, der nach Gerichtsangaben als Bundeswehr-Stabsgefreiter im Afghanistan-Einsatz war, ist das OLG die letzte Chance, seinen Job zu behalten. Einen Tag nach dem Landgerichtsurteil legte sein Verteidiger Revision ein.

Gegen 204 Beschuldigte hatte die Staatsanwaltschaft nach den Connewitz-Krawallen Anklage erhoben. 198 von ihnen wurden bereits verurteilt, 194 von ihnen rechtskräftig. In vier Fällen stehen die erstinstanzlichen Hauptverhandlungen noch aus.